14.06.2022


SIE DIRIGIEREN DEN WERKHOF

Martin Truninger leitet den Werkhof der Bereuter-Gruppe seit 15 Jahren. Reto Dietschi ist seit letztem Sommer als Unterstützung dabei. Gemeinsam versuchen sie, den Materialfluss noch effizienter zu gestalten.

An jenem Dienstagnachmittag Anfang Mai sitzen Martin Truninger (54) und Reto Dietschi (55) im Werkhof-Büro auf dem Bereuter-Areal. Dietschi telefoniert mit einem Polier der Baur & Cie AG und klärt Fragen zu einer Bestellung. Truninger diskutiert mit einem Bauführer der Bereuter Bau AG die bevorstehende Materiallieferung für eine Grossbaustelle. Wunsch und Machbarkeit decken sich nicht ganz. «Es ist nicht ideal, aber wir machen es möglich», sagt Truninger. Genau darum geht’s in seinem Werkhof jeden Tag.
Im Werkhof-Büro ist man per Du, sobald man die Schwelle überschreitet. Seit 15 Jahren ist es Martin Truningers Reich. Reto Dietschi kam letzten Sommer zur Unterstützung dazu. Heute ist er Martins Stellvertreter. Gemeinsam führen sie acht Mitarbeitende. Das Team hat die Aufgabe, die Bereuter-Baustellen mit allem zu versorgen, was sie zum Funktionieren brauchen. Dafür beschafft, verwaltet und verschiebt es ein breites Arsenal von Bau-, Vebrauchs- und Betriebsmaterial. «Von Mannschaftscontainern und Betonkübel über Tischfräsen, Schalungselemente, Holz oder Eisen bis hin zu Werkzeug, Handgeräten oder auch Arbeitskleidern und Schutzausrüstung», umreisst Martin. Für den Transport des Materials stehen zwei Kranlastwagen und ein Lieferwagen unter seinem Kommando. Bei 20, 30 und mehr gleichzeitig laufenden Baustellen kommen unterschiedlichste Bedürfnisse, Wünsche und Vorstellungen zusammen, die meist schwierig unter einen Hut zu bekommen sind. «Es ist praktisch ausgeschlossen, dass wir es immer allen recht machen. Aber wir finden erfahrungsgemäss Varianten, mit denen alle vorwärts arbeiten können», sagt Reto.

Werkhof als Chance
Martin und Reto kennen den Bau aus langjähriger praktischer Erfahrung. Beide haben das Bauhandwerk als Maurer von der Pike auf gelernt, beide erhielten 1987 ihr Fähigkeitszeugnis, beide blieben dem Bau für den Rest ihrer beruflichen Laufbahn treu.
Martin arbeitete nach der Lehre als Akkord-Maurer. Elf Jahre lang zog er auf Baustellen in der Region Mauern hoch, bis sein Körper nicht mehr mochte. «Es gab keinen plötzlichen Vorfall, ich merkte einfach mehr und mehr, dass ich so nicht weitermachen kann», sagt Martin. Zu jener Zeit bot sich in seinem alten Lehrbetrieb die Möglichkeit, die Stelle des Werkhofleiters zu übernehmen. «Für mich war es die Gelegenheit, in der Baubranche tätig zu bleiben, mich aber nicht im gleichen Ausmass weiterzuverschleissen», schildert Martin. Er ergriff sie. Zehn Jahre lang dirigierte er in der Folge den Materialfluss in der Unternehmung. Anfang 2007 folgte er einem befreundeten Polier zur Bereuter-Gruppe und übernahm die Leitung des Werkhofs.
Reto blieb nach seinem Lehrabschluss mehrere Jahre im Lehrbetrieb, bildete sich zum Vorarbeiter und schliesslich zum Polier weiter. Als die Firma Mitte der 1990er-Jahre Stellen abbauen musste, wechselte er den Betrieb. Für die neue Bude leitete er als Polier 20 Jahre eine Baustelle nach der anderen, bevor auch er in den Werkhof wechselte. «Ich hatte den Wechsel nicht gesucht. Im Betrieb suchten sie aber händeringend jemanden für den Job. Irgendwann dachte ich mir: Warum nicht? Es ist nochmals etwas Neues!», erzählt Reto. Als sieben Jahre später die Schliessung des Unternehmens verkündet wurde, traf er erstmals auf Martin. Dieser besuchte den aufzulösenden Werkhof, um die Übernahme von Material zu klären. Reto sprach ihn an und sagte, hier sei nicht nur Material, sondern auch ein erfahrener Mann verfügbar. Die Offensive zahlte sich aus. Wenig später sassen Reto Dietschi und Bereuter-CEO Adrian Thomann an einem Tisch. Im Juli 2021 hatte Reto seinen ersten Arbeitstag im Bereuter-Werkhof.

Potenziale besser nutzen
Das Werkhof-Team ist unter Martins Führung nicht nur zahlenmässig mit der Bereuter-Gruppe mitgewachsen. Auch das bewegte Volumen sowie die Anforderungen stiegen. «Der heutige Baubetrieb ist mit jenem vor 20, 30 Jahren nicht mehr zu vergleichen. Zeit- und Kostendruck haben stark zugenommen, umso entscheidender ist es, die Baustellen mit einer effizienten Logistik zu bedienen», sagt Martin. Reto und er arbeiten mit Hochdruck daran, die Inventarisierung des Werkhof-Materials zu vervollständigen, aktuell zu halten und damit eine solide Basis für künftige Digitalisierungsschritte zu schaffen. «Noch ist es Zukunftsmusik, aber womöglich scannen wir in ein paar Jahren das Material bei Auslieferung und Retournierung wie an der Migros-Kasse ein, wodurch es automatisch in den richtigen Listen ein- und ausgetragen wird», prophezeit Martin.
Um Effizienzpotenziale zu nutzen, ist jedoch nicht nur technologischer Fortschritt nötig, sondern auch eine unternehmerische Mentalität der Werkhof-Kunden, also den Bauführern, Polieren, Vorarbeitern und teils Maschinisten der Gruppe. «Heute ist der Fokus oftmals stark auf die eigene Baustelle gerichtet», sagt Reto. Man decke sich von Anfang an mit Material ein, das man früher oder später brauche. «Aus Sicht der Gesamtunternehmung ist es aber nicht zielführend, wenn beispielsweise auf einer Baustelle 200 Quadratmeter Schalungselemente lagern, die vielleicht in zwei Wochen gebraucht werden – wir derweil aber für eine andere Baustelle Schalungselemente zumieten müssen, weil wir im Werkhof keine mehr vorrätig haben», erklärt er. Hier sei die Zielsetzung klar, betont Martin. «Wir müssen das vorhandene Material noch effizienter nutzen, in dem wir es flexibel dorthin verschieben, wo es effektiv benötigt wird.»
Diese Entwicklungsrichtung macht das Leben des Werkhof-Teams nicht gemütlicher, im Gegenteil. Ein noch flexiblerer Materialfluss nicht nur zwischen Werkhof und Baustellen sondern auch unter den Bauplätzen erfordert eine noch enger getaktete Logistik und eine noch peniblere Buchführung. Doch davor schreckt Martin nicht zurück. «Es macht für mich den Reiz meiner Arbeit aus, immer wieder Lösungen für komplexe Herausforderungen zu suchen und zu finden», sagt er. Reto nickt.