03.12.2021


TIEF- UND STAHLBAU AUS EINER HAND

An Hanglage in Gossau ZH erstellte die Bereuter Baugrubentechnik AG eine komplexe Baugrube. Das Projekt war von weitreichenden Veränderungen und Verzögerungen geprägt.

Bau-Schlosser Benjamin Kübler klappt das Visier seines Helms runter. Er kauert auf dem lehmig-klebrigen Untergrund und bearbeitet einen gut zehn Meter langen Stahlträger mit dem Winkelschleifer. An dem nasskalten Herbstmorgen kondensiert Küblers Atemluft an seinem Visier. Die Funken sprühen. 30 Tonnen Stahlträger werden insgesamt zur Verspriessung der Baugrube benötigt, welche die Bereuter Baugrubentechnik AG (BGT) für einen Mehrfamilienhausbau in Gossau erstellt und sichert. Die Träger werden direkt auf den Bauplatz geliefert, wo sie der Bereuter-Schlosser ablängt, blankschleift und schliesslich Stück für Stück zu einem eindrücklichen Stahlbau verschweisst, der die umgebende Rühlwand für die Dauer der Bauzeit stützt. «Wenn man sich vor Augen führt, dass hochwertige Schlosserarbeiten normalerweise in trockenen Industriehallen ausgeführt werden, darf man von echter Handwerks-Kunst reden, die unsere Leute hier vollbringen», sagt Markus Vanoni, Bauführer und Kalkulator der BGT. Der Auftrag der BGT umfasst den Rückbau eines Zweifamilienhauses sowie die Sicherung und Erstellung Baugrube bis und mit Magerbetonschicht. Ab Mitte November, wenn die Baugrube fertiggestellt und an die Hochbauer übergeben ist, entsteht am Hügel Galtberg im oberen Glattal ein dreigeschossiges Mehrfamilienhaus mit vier Eigentumswohnungen und Tiefgarage. Die Werubau AG, die im Vorhaben als Bauherrin sowie als GU auftritt, nennt das Projekt «La Collina» - der Hügel.

Fast nochmals auf Anfang
Als BGT-Geschäftsführer Reto Müller Ende 2020 den Auftrag kalkulierte und offerierte, tat er dies noch unter völlig anderen Vorzeichen. Zur Sicherung der Baugrube war eine Nagelwand mit einem kleinen seitlichen Rühlwandabschnitt ausgeschrieben worden. Nach Vergabe der Arbeiten wehrten sich jedoch Anwohner gegen das Verfahren, da die Erdnägel bestehende Grundstücksgrenzen durchstochen hätten. Nach einem Marschhalt schwenkte die Bauherrschaft auf eine reine Rühlwandlösung mit zusätzlicher Stahlspriessung um. «Dies war der beste Kompromiss, um nach mehrmonatiger Verzögerung endlich mit der Ausführung starten zu können», so Vanoni. Die neue Sicherungsvariante erforderte jedoch weitere Anpassungen. So musste etwa die Umlegung einer querenden Schmutzwasserkanalisation nochmals neu geplant werden. «Von den ursprünglich offerierten Leistungen blieben einzig der Rückbau des vormaligen Hauses, der Aushub von knapp 3000 Kubikmeter Erdreich sowie der kleine seitliche Rühlwandabschnitt bestehen», sagt Bauführer Vanoni. Alle anderen Aspekte mussten neu geplant, neu kalkuliert und neu organisiert werden müssen. Rund ein halbes Jahr später als angenommen ging es am Galtberg schliesslich an die Ausführung. Während der Rückbau des bestehenden Zweifamilienhauses keine besonderen Herausforderungen mit sich brachte, erwies es sich daraufhin als logistische Knacknuss, das über 50 Tonnen schwere Bohrgerät (LRB 18) für die Rühlwandbohrungen an die richtige Einsatzstelle am Hang zu manövrieren. Ein vergleichsweise sportlicher 20-Tonnen-Bagger pfadete dem Bohr-Riesen hierfür eine rudimentäre Auffahrt. Gegen 35 Löcher mit insgesamt rund 420 Laufmetern Bohrstrecke wurden schliesslich ausgeführt. Stahlträger mit einem Gesamtgewicht von rund 50 Tonnen wurden eingesetzt, mit Holz und Spritzbeton ausgefacht und mit der zusätzlichen Stahlspriessung verstärkt. Während die verschiedenen Änderungen das Projekt verzögerten, verteuerten und organisatorisch deutlich erschwerten, boten sie BGT zugleich die Gelegenheit, mit ihren breitgefächerten Kompetenzen zu brillieren. «Es erwies sich als grosser Vorteil im Projekt, dass wir fähig sind, Rück-, Tief- Spezialtief- und sogar den Stahlbau flexibel aus einer Hand zu leisten. Wären für all die Arbeitsschritte separate Unternehmungen involviert gewesen, hätte das die Situation für den Auftraggeber noch zusätzlich verkompliziert», ist Vanoni überzeugt.