13.09.2022


„JETZT SCHAUEN WIR VORWÄRTS UND GEBEN GAS“

Das Hotel- und Gastgewerbe war im Zuge der Pandemie teils mir radikalen Restriktionen und teils mit einem existenzbedrohenden Nachfragerückgang konfrontiert. Fabian Brändli, Geschäftsführer der Bereuter Gastro AG, erzählt, wie das Unternehmen durch diese Krise kam.

Herr Brändli, wie fühlt es sich an, wieder einmal einen Sommer ohne Corona-Einschränkungen zu erleben? 
Wunderbar! Es ist eine grosse Erleichterung für mich und mein Team. Endlich können wir uns wieder frei bewegen und ein verlässliches Hotel-Angebot gewährleisten anstatt stets auf Änderungen der geltenden Bestimmungen achten oder Stornierungen abwickeln zu müssen. Als reine Unterkunfts-Hotels sind wir für ein rundes Angebot zudem auf Restaurants, Bäckereien und Läden in der Umgebung angewiesen, wo sich unsere Gäste verpflegen können. Auch dies ist endlich wieder fraglos gegeben.

Zur Bereuter Gastro AG gehört das Hotel Tilia in Uster, das Hotel Rubus in Effretikon sowie Rubus Appartements ebenfalls in Effretikon. Wie läuft das Geschäft in den drei Häusern?
Das Gespräch findet genau zum richtigen Zeitpunkt statt, um diese Frage zu beantworten. Denn erstmals seit dem Ausbruch der Pandemie im Frühling 2020 sind wir an allen drei Standorten ausgebucht. Das ist zwar mit etwas Stress verbunden, weil wir – wie die ganze Branche – Mühe haben, ergänzende Mitarbeitende für unser Team zu finden. Dennoch ist es grossartig, wieder eine so gute Nachfrage zu spüren.

Wann trauten Sie sich zu denken: Jetzt haben wir es überstanden?
Das war im Spätwinter 2022, als die damalige Omikron-Variante zwar für hohe Ansteckungszahlen sorgte, die Spitalversorgung aber nicht mehr bis an die Grenzen heran belastete. In dieser Phase wurde das Gefühl stärker, dass die sehr eingeschränkte Phase bald vorbei sein könnte. So war es dann auch.

Zog das Geschäft diesen Frühling sprunghaft an?
Nein, wir verzeichneten eine langsame, aber kontinuierliche Zunahme der Nachfrage mit leicht veränderter Zusammensetzung. Die geschäftlichen Reiseaktivitäten nehmen zwar zu, befinden sich längst nicht auf dem Niveau von vor der Pandemie. Derweil ist der Anstieg im gesellschaftlichen, sportlichen und privaten Bereich grösser. Es finden wieder Volksfeste und Sportveranstaltungen statt. Auch Hochzeiten werden wieder in grösserer Zahl gefeiert. Das spüren wir.

Blenden wir zurück in den März 2020. In der Schweiz wurden aufgrund der Pandemie Schulen, Läden und Restaurants geschlossen. Hotels aber konnten offenbleiben. Wie haben Sie diesen ersten Paukenschlag erlebt?
Dadurch, dass ich drei Jahre in China gelebt und gearbeitet hatte, ging ich in einer frühen Phase davon aus, dass man das Virus dort schon in den Griff bekommen wird. Bei Sars und Ausbrüchen der Vogelgrippe hat man ja gesehen, dass asiatische Behörden effizient mit solchen Situationen umzugehen wissen. Dass sich Covid weltweit ausbreiten und mich geschäftlich sowie privat unmittelbar betreffen würde, dämmerte mir erst viel später. Als es im März 2020 so weit war, erlebte ich das wie in einem Traumzustand. Ich ging davon aus, dass dieser seltsame Ausnahmezustand höchstens zwei, drei Monate anhalten würde. Dass es so lange dauert, bis wir wieder normal und erfolgreich arbeiten können, hätte ich zu diesem Zeitpunkt nie geglaubt.

War die Nachfrage sofort weg?
Eben nicht. Da wir einen schönen Anteil von Schweizer Gästen haben und die Restriktionen in der Schweiz zunächst nicht so einschneidend waren, hatten wir noch eine recht gute Buchungssituation. Mit Spitalmitarbeitenden, die sich nach Unterkünften im näheren Umfeld ihres Spitals umsahen, kam sogar eine neue Nachfrage hinzu. Angeführt von ausländischen Buchungen, die rasch ausblieben, liess die gesamte Nachfrage erst später sukzessive nach – dann aber bis auf ein sehr tiefes Niveau.

Wie tief?
Naja, insgesamt waren 2020 und 2021 zweifellos die wirtschaftlich schlimmsten Jahre seit der Gründung der Bereuter Gastro AG im Jahr 2014. Auslastung und Umsatz bewegten sich phasenweise bei einem knappen Drittel der Werte vor der Pandemie. Und das Schlimmste daran: Niemand wusste, wie sich die Situation weiterentwickeln würde.

Befürchteten Sie, dass früher oder später auch Hotelbetriebe wie Ihre den Betrieb einstellen müssen?
Nein, das war nicht meine zentrale Befürchtung, zumal nicht für reine Unterkunfts-Hotels, wie wir es sind. Die Frage, die mich im Verlaufe der Pandemie beschäftigte, war vielmehr: Ist es aus unternehmerischer Sicht noch sinnvoll, den Betrieb teils für zwei, drei Gäste pro Haus aufrecht zu erhalten?

Dennoch blieben die Häuser permanent offen.
Richtig. Wir haben das Glück, mit der Familie Bereuter eine starke und weitsichtige Besitzerschaft im Rücken zu wissen. Marco Bereuter kommunizierte schnell und unzweideutig, dass keine Entlassungen und keine voreiligen Schliessungen geplant seien. Und er betonte, dass er an der Hotellerie als langfristiges Geschäftsvorhaben festhalten wolle. Auf dieser Grundlage konnten wir die Betriebe offenhalten und die Mitarbeitenden weiterbeschäftigen.

Der Einbruch der Nachfrage hatte keine personellen Konsequenzen?
Wie die ganze Branche, nahmen auch wir die Möglichkeit der Kurzarbeit in Anspruch. Zwei Mitarbeitende, die von sich aus kündeten, ersetzen wir vorerst nicht. Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen gab es aber tatsächlich keine.

Wie ist das Team heute aufgestellt?
Wir haben eine zentrale Reception, die alle drei Standorte betreut. Sie ist mit zwei Mitarbeitenden besetzt, bei Bedarf helfe ich selbst aus. In der Reinigung muss unsere Leiterin Hauswirtschaft heute mit drei Mitarbeitenden planen, vor der Pandemie packten in ihrem Team zwei Personen mehr mit an. Das heisst: Wir könnten in der Bereuter Gastro AG zusätzliche Hände brauchen. Ich freue mich, wenn sich Interessierte bei mir melden.

Welche Rolle spielte die Home-Office-Pflicht für den Betrieb?
Sie spaltete unser Team in zwei Teile. Während unsere Rezeptionistinnen rund anderthalb Jahre vom Home-Office aus arbeiteten, liess sich die Arbeit der Hauswirtschaft logischerweise nicht nach Hause verlagern. Um den Kontakt zu den Mitarbeitenden zu halten und meine Wertschätzung für die geleistete Arbeit auszudrücken, war es mir wichtig, praktisch täglich an unseren Standorten präsent zu sein.

Im Frühling 2021, als die Senioren geimpft wurden, hatten viele das Gefühl, das Schlimmste sei überstanden. Es kam anders. Hatten Sie irgendwann so richtig die Nase voll?
Ja, definitiv. Schon im Sommer 2020 fragte ich Marco Bereuter in einem unserer regelmässigen Meetings: «Wo soll das hinführen?» Ich bin ein unternehmerischer Typ. Ich möchte so arbeiten, dass mein Einsatz etwas generiert, das rentabel und sinnvoll ist sowie eine Perspektive hat. Plötzlich war das alles nicht mehr gegeben. Das frustrierte mich sehr.

Wie kamen Sie darüber hinweg?
Das klare Bekenntnis der Besitzerfamilie gab dem Unternehmen und dem Team viel Stabilität. Den persönlichen Frust über die Situation aber konnte es nicht nehmen. Ich hatte keine andere Wahl, als meinen Ehrgeiz zu drosseln und mit klarzumachen, dass diese Entwicklung nicht von mir und meinen Handlungen abhängig ist. Umso grösser ist jetzt meine Freude, wieder unternehmerisch agieren zu können.

Sie mussten zwei Jahre lang mit angezogener Handbremse fahren. Ist dieses Gefühl jetzt weg?
Ja. Jetzt schauen wir vorwärts und geben Gas. Veranstaltungen aller Art finden wieder statt. Die Nachfrage ist gut, also leisten wir, was wir können. 2019 entwickelten wir eine neue Strategie. Dann kam Corona und vermasselte uns deren Umsetzung. Jetzt brenne ich darauf, herauszufinden, ob sie sich bewährt.

Zum Schluss ein Werbespot: Wer soll weshalb unbedingt für einen Aufenthalt ins Tilia oder ins Rubus kommen? 
Ganz einfach: Wir bieten an zentraler Lage moderne Zimmer mit flexiblem Check-in zu den besten Preisen. Wen das anspricht, der sollte sich dringend unser Angebot anschauen.

Info: www.hotel-tilia.ch // www.hotel-rubus.ch // www.rubus-apartments.ch